Terashima Yoko
(Curator, The National Museum of Western Art, Tokyo)

Manabe Anton erzählte mir, daß er Armin Guerino im Schulbus kennen gelernt hat.Beide sind in Kärnten/Österreich aufgewachsen. Die etwa einstündige Fahrzeit vertrieben sie sich mit Gesprächen über Bücher die sie gerade lasen, wobei sich eine enge Verbindung entwickelte. Armin ist zwei Jahre älter als Anton, seine Eltern sind Maler. An den Wochenenden malten Armin und Anton oft zusammen im Haus von Armins Eltern. Die Idee Maler zu werden wuchs für sie zu einer Selbstverständlichkeit.

Diese, für Armin ganz natürliche Entscheidung, bereitete Anton große Schwierigkeiten. Als Anton zu Hause den Wunsch „Maler werden zu wollen“geäußert hat, wurde die Beziehung zu seinem Vater derart schwierig, dass er beschloss vorerst sein Elternhaus zu verlassen. Es war Armins Vater der ihm Arbeit, ein Zimmer und das notwendige Selbstvertrauen sich auf den Weg zu machen gab.

Nach abgebrochenem Kunstgeschichtestudium an der Wiener Universität begann Manabe Anton seine Tätigkeit als Maler. 1991 kam er nach Japan, wo er sich in Nikko niederließ und dort seine produktive Arbeit mit den neuen Schwerpunkten Holzschnitt und Holzfiguren aus Schwemmgut entfalten konnte. Seine Holzschnitte konstruieren eine sehr fein ineinander gewebte Welt. Von seinen ausführlichen, vielfältigen Formen, die wie Nervenzellen in einem Körper die Gesamtbildfläche bedecken, bekommt man den Eindruck, als beobachte man den Ausschnitt eines Lebewesens durch ein Mikroskop. Auch die Holzfiguren aus Schwemmgut, die er in dieser Ausstellung zeigt, sind Werke deren Formen Spannungen merkwürdiger Lebewesen annehmen. Anton erzählt, daß er von Schwemmgut das durch natürliche Kräfte wie Insekten, Flußströmungen etc. korrodiert, abgeschabt und deformiert ist, zur Arbeit provoziert wird. Den Stimmen im Schwemmgut zuhörend, findet er in ihm neue Formen und schneidet sie bedächtig heraus. Er verwendet die zwei verschiedenen Medien, Holzschnitt und Holzfigur, als ob er durch sie mit wechselnden Blickwinkeln die Innen- und Außenseiten von Lebewesen (oder Welten) verkörpern könnte.

Armin Guerino studierte Graphik (Schwerpunkt Lithographie) an der Wiener Akademie der bildenden Künste. Im Gegensatz zu Anton, der das Zentrum seines Schaffens nach Japan verlegte, ist Armins künstlerischer Mittelpunkt in Österreich. Aber auch er hat längere Auslandsaufenthalte, Ägypten (1989/90/91/96/97), Paris (1987) hinter sich. Vor allem die Aufenthalte in Ägypten haben große Einflüsse in seinem Werk hinterlassen. Wir begegnen den Themen Tod und Auferstehung in seinen Ölbildern und in den Fresken, die im Auftrag der katholischen Kirche entstanden. In dieser Ausstellung zeigt er eine Serie von „Köpfen“ in Eitempera auf Papier.Dazu sagt er selbst, daß die dicken Linien, die mich an zyklische Abläufe erinnern, aus seiner Beschäftigung mit Labyrinthen hervorgegangen sind. Es mag sein, daß es sich hier um die Weltanschauung der Reinkarnation aller Lebewesen handelt, in der sich Tod und Wiedergeburt in einer Welt der Verwirrung wiederholt. Auch mein Kopf, der mit dieser Idee von im Kreis gehenden Gedanken befallen wird, verwandelt sich bereits in ein Labyrinth.

Gemeinsam haben beide den Weg in die Kunst begonnen, getrennt voneinander sucht seither jeder von ihnen seinen eigenen. Mir scheint, daß ihre von Zeit zu Zeit geplanten Gemeinschaftsprojekte nicht nur einfach Ausstellungen sind, um ihre Werke zu präsentieren, sondern diese ihnen die Gelegenheit geben, sich gegenseitig ihre aktuellen Positionen zu bestätigen. Diese Ausstellung ist das erste gemeinsame Projekt in Tokyo, wobei Armin Guerinos Werke zum ersten Mal in Japan gezeigt werden. Für uns eine einzigartige Gelegenheit, einen Teil ihrer Gemeinschaftsprojekte sehen zu können.

(Galerie der Österr. Botschaft in Tokyo, "short stop tokyo" manabe anton & Armin Guerino, April 2004)

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