Gerhard Jaschke
Zu den Kartonarbeiten von Manabe Anton

Die Saiten meiner Harfe sind zergriffen.
Jetzt hab ich Blitz und Feuer aufgespannt.
(Johannes R. Becher)

Wie übersetze ich den von Manabe Anton bearbeiteten Karton in Sprache? Ist dies die zu beantwortende Gegenrede ? Oder soll ich etwa nach den vor mir ausgebreiteten Stichwurzeln greifen, den Greifern meiner Nähe eine Ferne eingemeinden? Also: Krückstöcke liefern für lineares Verstehen? Als ob nicht alles im Werden eines Kunstwerkes darauf hinausliefe, sich eben gerade gegen dieses querzulegen, womit wir wieder einmal bei einem schönen Paradoxon angelangt wären, nämlich dem geraden Querlegen oder dem queren Geradelegen, eben.

Manabe, ein Vierteljahrhundert jung, ist gut im Schnitt. Während meist unter diesem einiges mehr getrieben wird, legt Manabe seinen eignen an den Tag. Somit beschert er dem in seine Gegenstände Verschauten Neuland, auf dem noch keine Gebots- und Verbotstafeln aufgestellt sind. Wie orientiert sich nun der auf dieses geworfne Blick? Wie verabschiedet er das bisher in sich Geschaute?

Gewiß, Kirchenfenster sehen anders aus. Leicht kann man sich schneiden.
Und: in die Tiefe dringt der Blick. Wieder einmal (s.o.) ein Problem der Wahrnehmung.
Der kleine Hausaltar, dem Flügel wuchsen: geschlossen, halb geöffnet, zur Gänze ...

Der Mensch spitzt seinen Schnabel.
Tanzende Figuren, Pferde, die Beine heben,
Spanisches Geflecht.
Pasolini.
Gewelltes tritt auf.
Hier entfaltet sich Kompaktes.
Im Netzwerk der Gewühle.
Ein Unvermitteltes.
An den Schnitten entlang.
Wie der Pflug Spuren im Erdboden hinterläßt.
Vögel, Spielkarten,
schwarz – weiß, braun,
Erdfarben,
Eingetragne Wegmarken einer Kompositionsfülle.
Straffe Anordnung,
strenge Raffung.
Zügelung von Wildwuchs.

So auch im Schweben des von Manabe geschnittenen Sonnensternporträts. Sieht es dem Meister des Trostlieds für Aus-und Angebombte, Friedrich dem Einzigen, auch zum Verwechseln ähnlich, läßt es im Belauscher noch manch andres aufleben und das ist der Zweck der Übung. Denn während in neo-expressionistischen Plastiken wie etwa in der von Jörg Immendorf 1987 gefertigten Der Malerfeind im Maler ist sein bester Freund , einer bereits festgelegten Ordnung Zustimmung verliehen wird, ist es um das in den Raum gesetzte fragile Zeichensystem des aus sich Schöpfenden mehr als unruhig bestellt. Hier gibt es kein Netz, in das man getrost fallen könnte, hier ist das Ungeschliffene Juwel in seiner allerletzten Fassung.

(herbstpresse, Wien, manabe anton "gilles de rais", 1988)

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